Fachtagung 2024 in Fulda
Bericht von Uta Meißner, Manuel Gnerlich und Eva-Lotte Vischer (Open Mind Software GmbH) - 08.10. - 09.10.2024
Am 8. und 9. Oktober 2024 fand in Fulda die Fachtagung des Sign4All-Projekts statt. Die Veranstaltung brachte Expertinnen und Experten aus Bildung, Wirtschaft und Forschung zusammen, um sich über innovative Ansätze zur barrierefreien Kommunikation und Teilhabe Gehörloser am Arbeitsmarkt auszutauschen. Ziel der Tagung war es, die Bedeutung digitaler Unterstützungssysteme – insbesondere des Sign4All-Projekts und seiner Produkte – vorzustellen, aktuelle Entwicklungen zu diskutieren und Unternehmen sowie Institutionen für die Notwendigkeit von Fachgebärdenlexika und KI-gestützten Übersetzungstools zu sensibilisieren.
Struktur und Vorprogramm
Die bisher übliche zweitägige Struktur der Fachtagung – von Dienstag, 8. Oktober bis Mittwoch, 9. Oktober – wurde in diesem Jahr durch ein ergänzendes Vorprogramm erweitert. Dieses fand bereits am Montag, 7. Oktober 2024, statt und bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, sich bereits im Vorfeld in kompakter Form mit zentralen Themenfeldern auseinanderzusetzen.
In zwei parallel laufenden Formaten konnten die Teilnehmenden wahlweise an einem praxisorientierten Workshop zum Gebärdensammeln im Bereich Elektromobilität oder an einem interaktiven Input von Julia Cramer, Hochschuldozentin an der Hochschule Fresenius Idstein, teilnehmen. Letztere setzte sich mit der Frage auseinander, wie neue Gebärden im Kontext beruflicher Bildung erlernt, weiterentwickelt und vermittelt werden können.


Eröffnung und Themenschwerpunkte
Nach der Begrüßung der Teilnehmenden und einem Überblick über die Projektarbeit standen gleich mehrere zentrale Themen auf der Agenda:
- Fachgebärdenlexika als Schlüssel zur beruflichen Inklusion Die Gesamtprojektleitung stellte dar, wie digitale Fachgebärdenlexika dazu beitragen, neue Berufsfelder für gehörlose Menschen zu erschließen. Insbesondere die Luftfahrt- und Automobilbranche nehmen hier eine Vorreiterrolle ein.
Einblicke in Unternehmenskooperationen.
Ein besonderer Fokus lag auf der Zusammenarbeit mit großen Unternehmen.
- So berichteten Walter Wendt (Mercedes-Benz Group AG) und Markus Halle (Airbus Hamburg) über die Erfahrungen ihrer Firmen bei der Entwicklung branchenspezifischer Fachgebärdenlexika. Alfons Adam (Mercedes-Benz Werke Düsseldorf und Rastatt) gab zudem Einblicke in die Herausforderungen und Chancen der Elektromobilität für gehörlose Beschäftigte. Diese Kooperationen zeigen, dass der Bedarf an gebärdensprachlichen Fachbegriffen wächst und dass Unternehmen bereit sind, sich aktiv für eine bessere Arbeitsmarktintegration gehörloser Menschen einzusetzen.


Technologische Innovationen: Sign4All und KI
Ein weiteres Highlight der Tagung war die Vorstellung technologischer Entwicklungen:
- Offline-Version von Sign4All Daniel Hecker (Workplace Solutions GmbH (WPS)) aus Hamburg präsentierte die Offline-Version der Sign4All-Fachgebärdensammlung, die eine flexible Nutzung ohne permanente Internetverbindung ermöglicht.
- Künstliche Intelligenz und Arbeitsmarktteilhabe Manuel Gnerlich (Open Mind Software GmbH) referierte über den zunehmenden Einsatz von KI in der barrierefreien Kommunikation und die Auswirkungen auf die Arbeitsmarktintegration gehörloser Menschen.
Diskussion, Feedback und Zukunftsausblick
Am zweiten Tag standen Berichte aus anderen Projekten sowie eine Diskussionsrunde im Mittelpunkt.
- Erfahrungen aus der Berufsausbildung Martin Kuhn und Annette Bach von der Paulinenpflege Winnenden stellten die Bedeutung von Fachgebärden in der Ausbildung gehörloser Menschen vor.
- Barrierefreie Webauftritte und neue gesetzliche Regelungen Britta Illmer (Malt | Harms GmbH) gab eine Vorschau auf das kommende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das ab 2025 neue Anforderungen an digitale Barrierefreiheit stellt.
- Besonders wertvoll war das Feedback zur Sign4All-App, das von Uta Meißner (Open Mind Software GmbH) aufgenommen wurde. Die Rückmeldungen zeigten, dass ein hoher Informationsbedarf besteht und die App als hilfreiches Werkzeug wahrgenommen wird, allerdings noch Optimierungsmöglichkeiten bestehen – insbesondere in der Benutzerführung und beim Zugang zu Fachgebärden.


Erkenntnisse und Ausblick
Die Fachtagung 2024 verdeutlichte einmal mehr, wie wichtig digitale Lösungen für die Arbeitsmarktintegration gehörloser Menschen sind. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
- Hoher Informationsbedarf: Viele Teilnehmende wünschen sich mehr Schulungen und praxisnahe Anwendungsbeispiele für digitale Fachgebärdenlexika.
- Wachsende Unternehmensbeteiligung: Kooperationen mit Firmen wie Airbus und Mercedes-Benz zeigen, dass das Thema Fachgebärden in der Wirtschaft an Bedeutung gewinnt.
- Optimierungspotenzial bei digitalen Lösungen: Die Rückmeldungen zur Sign4All-App zeigen, dass die Gebärdensuche noch intuitiver gestaltet werden sollte.
- Notwendigkeit verstärkter Öffentlichkeitsarbeit: Viele Unternehmen und Institutionen kennen die digitalen Lösungen noch nicht – hier besteht Handlungsbedarf.
Zum Abschluss der Tagung wurde ein Ausblick auf die verbleibende Projektlaufzeit des Vorhabens ‚Digitale Unterstützung der beruflichen Eingliederung gehörloser Menschen‘ gegeben. Im Mittelpunkt stehen die Weiterentwicklung der Fachgebärdenlexika, der Ausbau der Unternehmenskooperationen sowie die nachhaltige Implementierung der Projektergebnisse in Ausbildung und Beruf.
Wir danken allen Teilnehmenden für die wertvollen Impulse und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!