Konferenzbericht DAC 2023

Bericht von Uta Meißner (Open Mind Software GmbH) und Peter J. Craxton (Hochschule Landshut) - Open Mind Software GmbH - 06.09. bis 08.09.2023

DAC

Vom 06.09. bis zum 08.09.2023 fand die Deaf Akademics Conference (DAC) in Wien statt. Die Gelegenheit gehörlose Wissenschaftler:innen, Forscher:innen und Akademiker:innen aus ganzer Welt zu treffen und sich mit ihnen über ihre Themenschwerpunkte auszutauschen hat auch das Sign4All-Team wahrgenommen.

5-minütiger Vortrag und Posterausstellung von Sign4All

Unter dem Titel „Development of Sign Lexicon included the Modernised Signwriting tool for Deaf People in the Labour Market“ haben Peter Craxton und Thimo Kleyboldt aus dem Sign4All-Team einen Kurzvortrag gehalten. Im Anschluss an die Präsentation fand eine 20-minütige Postersession statt, an der mehrere international Gebärdensprachlinguist:innen, Taube Dolmetscher:innen, Mintler teilnahmen. Craxton nutzte diese Austauschmöglichkeit, um erste Eindrücke zu den modernisierten Handformen der GebärdenSchrift einzuholen. Die ersten Rückmeldungen waren überwiegend positiv. Darüber hinaus gab es auch konstruktive Feedback, welches in die Bearbeitung der modernisierten Handformen einfließen wird. Unter den Teilnehmer:innen befanden sich auch einige taube Professor:innen, die großes Interesse an der Verschriftlichung von Gebärden mit GebärdenSchrift zeigten. Darüber hinaus ließen sich einige Besucher:innen über die Vorteile der GebärdenSuche in der Fachgebärdensammlung und über die Idee und das Konzept der Gebärdenvorschlag-App aufklären.

Grafik: Kurzvortrag zu Sign4All
Kurzvortrag zu Sign4All
Grafik: Thimo Kleyboldt und Peter Craxton
Thimo Kleyboldt und Peter Craxton

Vorträge

Die Spannbreite der Informationsbeiträge reichte von Themen angefangen bei Forschungen zu Gebärdensprachgemeinschaft und -kultur über soziale und politische Aspekte bis hin zu Medien und Informationstechnologie und umfassten somit ein breit gefächertes Spektrum, sodass für jeden etwas dabei war.

STIM

Der Vortrag des „STIM Sourd France Teams“ (Frankreich) über „French Sign Language in STEM fields: from collecting to disseminating the signs” begeisterte uns mit Abstand am meisten. Die Gruppe berichtete davon, wie sie als Gehörlose, die „STEM“ studieren bzw. studierten ihr Idee – eine Gebärdensammlung in diesem Bereich aufzubauen – in die Wirklichkeit umgesetzt haben. STEM steht für Science, Technology, Engineering und Mathematics. Eine vergleichbare Bezeichnung im Deutschen ist MINT. Das Ergebnis ist am besten direkt auf der „Website“ nachzusehen. Das beeindruckende an dieser Gebärdensammlung ist, dass alle Ergebnisse ehrenamtlich produziert wurden. Das inkludiert auch den Aufbau der Website. Diese wurde von einem Gehörlosen programmiert, der kein studierter ITler ist. Neben der Auflistung von Fachtermini und Fachgebärden enthält die Website viele weitere Informationen, wie zum Beispiel Ankündigungen über themenrelevante Veranstaltungen, ein Netzwerk von Personen aus dem STEM-Bereich, ein wissenschaftliches Glossar, die Verlinkung zu anderen Fachgebärdensammlungen und vieles mehr.

In ihrer Präsentation zum Thema “What are the tools to preserve an endangered sign language?“ thematisierte Beverly Buchanan (Kanda) verschiedene Werkzeuge zur Dokumentation von gefährdeten Gebärdensprachen. Mit dieser Thematik hat sich Buchanan auch in ihrer Dissertation auseinandergesetzt. Derzeit beherrschen ausschließlich 80 Menschen die Maritime Sign Language (MSL) in Nova Scotia in Kanada. Die Bewahrung dieser maritimen Gebärdensprache liegt der Gehörlosengemeinschaft dieser Region sehr am Herzen. Buchanan benötigt die internationale Unterstützung, um MSL in ihren verschiedenen Formen zu bewahren. Aktuell erfolgt die Dokumentation überwiegend über Videoaufnahmen. Die Darlegung schriftlicher Werkzeuge zur Aufbewahrung der MSL erwähnt lediglich die Glossentranskription als Notationssystem. In einem geplanten persönlichen Austausch wird sich zeigen, ob die Nutzung des Sutton SignWriting bzw. der GebärdenSchrift ein geeignetes Mittel zur schriftlichen Notation empfunden wird.

STEMSIL

Gabriele Unterhitzenberger und Prof. Dr. Christian Rathmann (Deutschland) stellten in ihrem Vortrag zum Thema „STEM in Sign Language – Creating Educational Opportunities für Deaf Schoolchildren in Europe“ das relativ neue Projekt „STEMSiL“ vor, das sich noch in den Anfangszügen befindet. Das Hauptziel dieses Projekts besteht darin STEM- bzw. MINT-Fächer für gehörlose Kinder attraktiv zu gestalten und zugänglicher zu machen, damit sie die Möglichkeit haben, relevante Studiengänge oder Berufe zu wählen. Das Projekt plant insbesondere eine transnationale Studie über aktuelle Methoden des MINT-Unterrichts in der Gehörlosenpädagogik und die Bedürfnisse von Lehrer:innen und gehörlosen Schüler:innen abzuschließen. Die Studie dient einer Überprüfung bestehender MINT-bezogener Gebärden und Konzepte in ausgewählten europäischen Gebärdensprachen und der bestehenden Methoden in MINT-Klassenzimmern.

Mit der Analyse und Feststellung von Problemen und Skepsis gegenüber der Nutzung von Avataren von Seiten der Gehörlosengemeinschaft haben sich Robin Angelini und Maartje de Meulder (Österreich) auseinandergesetzt. Die beiden Vortragenden haben in ihrer Präsentation “Bridging the Gap: Understanding the Intersection of Deaf and Technical Perspectives on Signing Avatars” Konflikte aufgezeigt und mögliche Strategien zur Konfliktlösung dargestellt.

Fazit DAC 2023 für Sign4All

Die Teilnahme am DAC 2023 hat sich sehr gelohnt, nicht nur um vielfältige Informationen über aktuelle Themen zu erhalten, sondern vor allem, um viele interessante Gespräche zu führen und neue Kontakte zu knüpfen. Großes Interesse und viele Nachfragen wurden in Bezug auf die Gebärdenvorschlag-App gestellt. Ausnahmslos alle sind positiv beeindruckt von dieser Idee und davon überzeugt, dass dieses Produkt den Gebärdensammelprozess beschleunigen könne, so zum Beispiel Dr. Liona Paulus, Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrkraft an der Universität zu Köln.

Inwiefern eine Kooperation trotz der verschiedenen Sprachen möglich ist, muss überlegt und geklärt werden. Die Umsetzbarkeit der Mehrsprachigkeit auf der Sign4All-Homepage muss thematisiert und überlegt werden.

Die nächste DAC 2025 findet in Houston statt. Anschließend wird die DAC 2027 in Vilnius in Litauen durchgeführt.